Bis in die Gegenwart deuten Flur und Gewässernamen darauf hin. Selbst der Ortsname „Lomnitz“, der sich im Laufe der Zeit von „Nedernlommetz“ über „Niederlomnitz“ bis schließlich zu unserer gegenwärtig gültigen Namensgestalt „Unterlemnitz“ wandelte, verweist auf die Herkunft aus slawischer Sprachwurzel. Der in der Sage genannte Männername „Butz“ ( zeitweilig auch „Putz“ geschrieben) in Beziehung zum genannten Flurstück verweist zu Recht auf patronynischen Ursprung ( Patron oder Anführer einer Gemeinschaft). Auch Dr. Helmuth Barth lokalisiert in seinem im Jahre 1949 im Verlag von Gustav Fischer in Jena erschienenen Band „Die Wüstungen der Landkreise Greiz und Schleiz“ in dem betreffendem Geländeabschnitt eine Wüstung. Leider wurden bisher in dieser Flur keine archäologischen Untersuchungen durchgeführt, so dass durch Funde diese These erhärtet werden könnte. Ebenso weisen keinerlei Zufallsfunde auf eine mögliche Besiedlung im Butzewinkel hin. Bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass von hier ein Weg bis vor die Kirche in Unterlemnitz führte, der allerdings durch den Eisenbahnbau zu Anfang des 20. Jahrhunderts unterbrochen wurde und daher nur noch im Wald und im Dorfbereich vorhanden ist.
Weitere Wegabschnitte im Feldbereich wurden zu Beginn der Kollektivierung der Landwirtschaft und der damit verbundenen Verschmelzung kleiner Flächen für eine ertragreichere Nutzung innerhalb der Großraumwirtschaft in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts beseitigt. Des weiteren verdient Beachtung, ein in drei ungleich geteilte Teile zerbrochener gelblichgrauer Sandsteinkörper, der etwa auf halber Strecke zwischen dem Butzewinkel und der Kirche in Unterlemnitz im Jahre 1993 vom Verfasser dieses Beitrages gefunden wurde. Zusammengesetzt ist er etwas kleiner als die üblichen in dieser Region vorhandenen Gemeindegrenzsteine. Die Reste wurden am Feldrand entdeckt, wo der mögliche Verbindungsweg der Sorben vorüberführte. Dass die Fundstelle mit dem ehemaligen Standort nicht identisch ist, wird durch den Umstand deutlich, dass sich weitere Lesesteine im Umfeld befanden. Es ist ebenso anzunehmen, dass durch die Feldbearbeitung weitere Bruchstücke des Sandsteins verloren gingen. Somit ist durch die noch vorhandenen Teile nicht mehr eindeutig nachvollziehbar, ob es sich ursprünglich um ein Steinkreuz, um einen Kreuzstein oder um einen einfachen Gedenkstein gehandelt hat.
Da es in diesem Flurbereich nie eine Landes-, Orts- oder Gebietsgrenze gab, ist auszuschließen, dass der Stein als ein solches Markierungszeichen gesetzt worden ist. Zudem gibt es in hiesiger Gegend keine Grenzsteine aus diesem Material, so dass die Vermutung nahe liegt, er könnte, aus welchen Gründen auch immer, durch Umlagerung an diese Stelle gekommen sein. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass in unmittelbarer Umgebung kein Vorkommen dieser Gesteinsart vorhanden ist. Womit oder wodurch und wann dieser Stein zerstört wurde, ist nicht mehr feststellbar, man muss aber davon ausgehen, dass er aus Unkenntnis keine Beachtung erfahren haben dürfte und somit keinerlei Schonung gefunden hat. Außer Kratzspuren landwirtschaftlicher Gerätschaften (vermutlich vom Pflug) sind weder Schrift- noch Symbolzeichen an ihm zu finden.
Ob es nun - wie in der Sage genannt - im Verlauf der Vertreibung der Sorben aus Lomnitz zu Misshandlungen oder gar zu Todesfällen gekommen ist, in deren Folge man diesen Stein zur Erinnerung an diese Tat gesetzt haben mag, diese Annahme sollte daher nicht abwegig beschieden werden. Es wird wohl nicht den Tatsachen entsprechen, dass die Sorben nach einem solchen oder ähnlichen Vorfall die Gegend verlassen haben.
Vielmehr werden sie sich anderen Siedelgemeinschaften ihrer Volkszugehörigkeit in dieser Region angeschlossen haben, von der später eine Steinsetzung erfolgt sein könnte. Nach einer Benachrichtigung an den damaligen Kreisbodendenkmalpfleger des Landkreises Lobenstein, Herrn Hubert Rossbach, im Sommer 1993, konnte dieser in ca. 100-150 m Entfernung nordwestlich des rätselhaften Sandsteins kleine Tonscherben sowie rußgeschwärzte Steine ausfindig machen.
Hierzu muss folgendes eingefügt werden: Zeitweilig haben sich Unterlemnitzer Einwohner im Butzewinkel sowie in unmittelbarer Nachbarschaft während der Zeit napoleonischer Truppendurchzüge versteckt gehalten. Dies belegt der Eintrag in die Dorfchronik des Schultheißen von Unterlemnitz, Johann Nicol Knauf, aus dem Jahre 1806. Die Kälte im Oktober/ November des genannten Jahres wird wohl die Flüchtigen dazu gezwungen haben, Feuerstellen anzulegen. Wie weit diese Landschaft während früherer Durchzüge marodierender Verbände als Unterschlupf gedient haben mag, ist leider nicht schriftlich fixiert, durch die relativ günstigen Bedingungen aber anzunehmen. Deshalb stellt sich die Frage, ob diese Funde des Bodendenkmalpflegers nicht auf eine Zuflucht aus kriegerischen Zeiten zurückzuführen sind. Eine kleine Überlieferung am Rande dieser Betrachtung: In unmittelbarer Nähe dieser Fundstätte befindet sich der sogenannte „Brotacker“. Nach Aussage der damals 83-jährigen Helene Elschner aus Unterlemnitz soll ein Bauer während einer großen Hungersnot ein Brot für diesen Acker hergegeben haben. Obwohl im Gegensatz zu den Bewohnern von Unterlemnitz bei den Ortsansässigen in Helmsgrün und Heinersdorf Sagen oder zumindest Sagenfragmente bis in die Gegenwart noch ziemlich lebendig sind, konnte auch in diesen beiden Dörfern nichts über den Stein in Erfahrung gebracht werden, was einer Aufklärung dienlich wäre. Außer eben die Sage vom Butzewinkel.
Wie weit allerdings dieser Sandstein tatsächlich mit der in dieser Volkserzählung gebrachten Vertreibung der Sorben aus dem Dorfe Lomnitz sowie der Siedlung Butz in Verbindung gebracht werden darf, liegt einzig und allein in der Willkür subjektiver Auslegung und wird sich somit auch weiterhin im Dunkel der Geschichte verlieren... Anmerkung zur Sage: Im Jahre 1643 wurde Unterlemnitz im Verlauf der Auseinandersetzungen der Dreißigjährigen Krieges durch Verbände unter Befehl des schwedischen Feldmarschalls Torstenson völlig niedergebrannt.
Horst Zippel
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