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Zur Sage vom Butzewinkel .Von Horst Zippel


Etwa auf halber Strecke zwischen den Dörfern Unterlemnitz, Helmsgrün und Heinersdorf befindet sich eine bewaldete Niederung, welche seit Jahrhunderten von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften „der Butzewinkel“ genannt wird. Wie dieser Geländeabschnitt zu dem Namen kam und welches Geschehnis mit ihm verbunden ist, erzählt uns die Sage:
Im Jahre 1143 soll sich hier in diesem Grund ein kleines Dorf befunden haben, dessen Einwohnerschaft dem slawischen Volksstamm der Sorben angehörte. Ihr Anführer hieß Butz. Und wie es der Brauch jener Zeit verlangte, so wurde die kleine Ansiedlung nach ihm benannt. Die Menschen dieser Gemeinschaft waren schon seit Jahren zum christlichen Glauben übergetreten und lebten - so wie es die neue Lehre aufzeigte - im friedlichen Nebeneinander auch mit den fränkischen Bewohnern in den Nachbarsiedlungen. Aber auch in Unterlemnitz, das damals noch Lomnitz hieß, wohnten Angehörige der slawischen Volksgruppe, die sich ebenso zum christlichen Glauben bekannten. Da nun das Dörfchen Butz keine eigene Kirche besaß, und auch im Umfeld keine geeignete Möglichkeit vorhanden war, in einem würdigen Rahmen Gottesdienst abzuhalten, bevorzugten die Bewohner, jeden Sonntag die Messe in Lomnitz aufzusuchen.
Obwohl sich wegen der Sprachunterschiede die Sorben nur schwer mit den fränkischen Neusiedlern in Lomnitz verständigen konnten, wohnten beide Volksgemeinschaften diesem Gottesdienst bei, der ja ohnehin in einer für sie fremden Sprache abgehalten wurde. In jenen Jahren holten die Burgherren im nahen Lobenstein immer mehr Siedlungswillige aus ihrer alten Heimat, um weitere Gebiete des Nordwaldes urbar zu machen. Daraufhin geriet natürlich infolge der ständig ansteigenden fränkischen Bevölkerungszunahme das kleine Sorbenvolk immer mehr in deren Abhängigkeit. Und so blieb es nicht aus, dass sich die Neusiedler bald als die neuen Herren in dem Lande verstanden und den Sorben zunehmend ihre alten Rechte beschnitten. So mussten sie zum Beispiel fortan ihren neuen Gebietern unendgeldliche Leistungen erbringen. Ihre Tiere durften nicht mehr, wie bisher üblich, die gemeinsam genutzten Weideplätze mit abgrasen. Das Jagen in den Wäldern und das Fischen in den Gewässern wurde ihnen untersagt und auch der Holzeinschlag erfuhr für sie einige Beschränkung. All dies ertrugen die Sorben in christlicher Demut. Glaubten sie doch, dass diese Einschnitte in ihr Dasein nur vorübergehende Erscheinungen wären, die sich mit Festigung der neuen Verhältnisse von selbst wieder geben würden. Als ihnen aber eines Tages verboten wurde, das Gotteshaus in Lomnitz zu betreten, da wussten sie, dass sie sich getäuscht hatten und unter den Sorben brach offene Empörung aus. Denn das wollten sie sich nicht auch noch gefallen lassen.
Gleich am darauffolgenden Sonntag nahmen sie deshalb all ihren Mut zusammen und zogen gemeinsam vor die Kirche und forderten uneingeschränkt wie bisher Einlass zum Gottesdienst. Doch die hochmütigen Lomnitzer lachten sie nur aus, bewarfen sie mit Erde und Steinen und jagten sie schließlich ganz aus dem Dorfe. Aber auch die in Lomnitz ansässigen Sorben mussten fliehen und suchten Unterschlupf bei ihren Stammesgenossen in Butz. Völlig enttäuscht über die Vertreibung und den endgültigen Bruch ihrer Beziehung zu den Bewohnern im Nachbarort beratschlagten sie in den nächsten Tagen über ihr weiteres Vorgehen. Lange konnten sie nicht begreifen, wie von solchen Menschen, die den christlichen Glauben in die Dörfer des Thüringerlandes trugen, solch unchristliches Verhalten ausgehen konnte. Die Sorben beschlossen deshalb, die Gegend zu verlassen, zumal ohnehin ihr Lebensraum mehr und mehr Beschränkung erfuhr und ihnen der Zugang zu den heiligen Stätten versagt wurde.
Nur ihr alter Anführer Butz, der wollte bleiben und sich zu den Geistern ins Erdinnere begeben. Da nun allen bekannt war, dass Butz über magische Kräfte verfügte und er somit gute Beziehungen zur Unterwelt pflegte, bedrängte man ihn nicht weiter, sein Vorgeben aufzugeben. Als sich nun die Sorben am darauffolgenden Morgen von ihrem Anführer verabschiedeten, um weiter nach Osten aufzubrechen, da weissagte Butz seinen Brüdern und Schwestern noch folgendes: Falls die Bewohner von Lomnitz ihren Hochmut, den Neid, den sie in ihren Herzen tragen, die Gehässigkeit und ihre lästerlichen Reden nicht aufgeben werden, wird über ihre Nachkommen alle 500 Jahre ein großes Unglück hereinbrechen. Ihre Wohnstätten werden vernichtet und nur wenige sollen dies überleben. Niemand wird sie in den benachbarten Ortschaften aufnehmen und verpflegen. Auf der Asche ihrer niedergebrannten Behausungen müssten sie ihr Dorf aufbauen und keiner werde ihnen dabei behilflich sein. Um sich ein Bild vom Verhalten der Unterlemnitzer zu machen, wird deshalb Butz alle 13 Jahre am Kirmessonntag unter ihren Gästen weilen und den Gesprächen lauschen...
Diese mittlerweile durch den Verfasser dieses Beitrages publizierte Sage verdient deshalb eine etwas nähere Betrachtung, da vorhandene Spuren auf ein mögliches, weit in der Geschichte liegendes Ereignis deuten, welches vielleicht sogar auf eine Verbindung zu dieser Überlieferung schließen lässt. Leider ist die Sage nur noch vereinzelt im Bewusstsein älterer Mitbürger lebendig, so dass kaum noch Hoffnung besteht, weitere Aussagen aufzuspüren.
Inwieweit die Phantasie in die Erzählung Eingang gefunden haben mag, lässt sich natürlich nicht mehr feststellen. Deshalb müssen die wenigen Anhaltspunkte genügen, um den Ursprung dieser Volksüberlieferung aufzuhellen: Dass in diesem Gebiet vor Jahrhunderten Slawen gesiedelt haben, steht außer Zweifel.

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